Nordsee ohne Ebbe und Flut?

Amphidronische Punkte

Meeresorte ohne Ebbe und Flut 

Eigentlich passen Ebbe und Flut fast nie beim Windsurfen, und trotzdem geht immer was. Die Meldorfer Bucht hat andere Hochwasserzeiten als St. Peter-Ording - und am Weststrand vor Sylt ist es anders als oben im Königshafen bei List.

In der Deutschen Bucht läuft das Hochwasser an der weiter nördlichen Küste zuerst auf, um dann immer um einige Minuten versetzt weiter südlich aufzulaufen.

Warum eigentlich?

Auf der mondzugewandten Seite der Erde ziehen sich die Massen von Erde und Mond gegenseitig an. Das Meer und das Land werden vom Mond angezogen und heben sich an. Auf den Ozeanen entsteht ein kleiner langer Wellenberg - die Tidenwelle.

Dieser Wellenberg würde sich parallel zu den Längengraden um die Erde ausbreiten – wenn nicht die Nord-Südausdehnung Amerikas und Afrikas ein Umlaufen dieser Welle verhindern würde. Diese zumeist kleine, zumeist nicht erkennbare ca. 30 cm Welle läuft aus dem Atlantik in die Nordsee ein. Umfließt England von Süd und Nord, fließt in die Nordsee, trifft also seit jeher auf Landmassen - und formt Meeresbecken. Diese Tidenwellen schwappen vom Land zurück, es gibt Resonanzen, die auf die nächsten Tidewelle treffen - die Strömungen wirken aufeinander ein. 

Diese Resonanzwellensysteme werden noch zusätzlich durch die Corioliskraft, die durch die Rotationsbewegung der Erde entsteht, gedreht. (Ähnlich den Tiefdruckgebieten der Luft). Es haben sich dutzende Gezeitensysteme auf der Welt etabliert, die sich um einen Mittelpunkt drehen – dort gibt es fast keinen Tidenhub - und keine Ebbe und Flut. Um diese Punkte drehen sich Flutberg und Ebbtal.

Drehpunkte von Ebbe und Flut in der Nordsee.

Drehpunkte von Ebbe und Flut in der Nordsee.

In der flachen Nordsee befinden sich gleich drei amphidronische Systeme - also drei Orte ohne Tidenhub mit rotierenden Gezeitensystemen: zwischen England und Holland etwa über der Doggerbank, dann eines westlich vom dänischen Jütland und eines an der Südspitze Norwegens. Diese Systeme sind die amphidronischen Systeme, die sich im Uhrzeigersinn um den Knotenpunkt drehen.

Der Tidenhub nimmt mit dem Abstand zum Zentrum des amphidronischen Systems zu - dies erklärt, warum an der Ostküste Englands der Tidenhub größer ist, als an der Westküste Schleswig-Holsteins, das sich näher am amphidronischen Knotenpunkt vor der Westküste Jütlands befindet. Auch ist der Tidenhub im Hafen der Hansestadt Hamburg größer, als an der Elbmündung, da diese 100km näher am amphidronischen System vor Jütland liegt.

Auf dem Bild der NASA (oben rechts) sind die drei amphidronischen Systeme der Nordsee zu erkennen.

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Anja Kamradt