1001 Nacht auf friesisch  

Die friesische Insel Öomrang, hochdeutsch Amrum, hat eine Geschichte wie aus 1001 Nacht zu erzählen. Denn der Amrumer Kapitänssohn Hark Olufs wurde als 15jähriger Matrose im Ärmelkanal 1724 von Piraten entführt und in die in die algerische Sklaverei in Nordafrika verkauft. Der Amrumer wurde als blondes Gold gehandelt.

Eine Lösegelderpressung für ihn endete aus der Sicht seiner Familie tragisch - denn sein Vater kaufte nach bangen Jahren einen anderen Jungen ähnlichen Namens, aus der Sklaverei frei. Was hat seine Familie durchgemacht? Überraschend waren für mich die damals üblichen Sklavenkassen des Königs von Dänemark und der Hamburger Kaufleute. Sklavenkassen - um dem Geschäftsmodel der Piraten zu begegnen.

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Harck Olufs aus der Insul Amron im Stifte Ripen in Jütland

Die “sonderbaren Avanturen” sind die aus dem dänischen ins deutsche übersetzte Autobiographie von 1747.

Hark konnte durch Intelligenz und wahrscheinlich Härte in seiner Not in Nordafrika als Sklave überleben. Seine Autobiographie hat er zusammen mit dem Pastor nach seiner Rückkehr auf Amrum auf dänisch geschrieben. Es könnte sein, dass er seine Abenteuer weich gezeichnet hat. Doch wenn man das Original seiner Autobiographie liest, klingt Hark Olufs Faszination für die Kultur und den Islam heraus. Dieses 32 seitige Büchlein ist für mich ein kleines Juwel. Wie viele Abenteuer von Insulanern gibt es noch zu entdecken?

Er liebte die bequeme arabische Kleidung, denn als er nach Amrum zurückkehrte trug er sie dort weiterhin. Wie müssen die Friesen gestaunt haben. Wurde Hark Olufs zum Vorbild für kleine abenteuerlustige Inseljungen? Reagierten die Insulaner engstirnig oder weltoffen?  Was hat seine Rückkehr mit seiner Gemeinde gemacht? Hark Olufs kehrte jedenfalls in seine friesische Heimat mit einer Bewunderung für die arabische Kultur zurück.

Wahrscheinlich durch Mut und Gewitztheit stieg Hark Olufs in der Armee seines Bey von Constantine in Algerien auf. Ich könnte mir vorstellen, dass Hark die Chance als intelligenter christlicher Sklave nutze, der nicht in die Struktur am Hof involviert war, um sich für den Bey als Vertrauensperson zu etablieren.

Auch begleitete Hark Olufs seinen Bey in einer Karawane nach Mekka, was dafürspricht, dass er Moslem geworden ist. Auch seine detaillierte Hochzeitbeschreibung legt Insiderwissen nahe. Das Überleben stand an erster Stelle, aber es wird auch Faszination gewesen sein. Einmal wechselte Hark im Krieg zum Schein die Seiten – und wurde so zum Doppelagenten. Wie er wohl aus der Nummer rausgekommen ist? Für mich Stoff für großes Kino.

Er war Oberbefehlshaber des Bey bei der Eroberung von Tunis und so wurde 1735 der Amrumer Hark Olufs vom Bey von Konstantine zur Belohnung wohlhabend in Ehren in die Freiheit entlassen.

Hark Olufs kehrte in seine Heimat Amrum nach elfjähriger Sklaverei 1736 zurück. Gründete eine Familie und bekam fünf Kinder. Als 46jähriger starb er. Sein typisch friesischer sprechender Grabstein auf dem Friedhof in Nebel rührt nicht nur das Herz von uns Festländern.

 

Harck Olufs aus der Insul Amron im Stifte Ripen in Jütland, 32 Seiten, hansebooks 2020, ISBn: 978-3337360474

Heimkehr in die Fremde, Anne Kordasch, Jugendbuch, 228 Seiten, Books on Demand, ISBN 978-3839186978

Anja Kamradt